Es hat Stunden gedauert, bis ich diese Überschrift getextet hatte. Nicht weil sie so furchtbar gut ist. Sondern weil mir die ganze Zeit lauter alberne Titel im Kopf schwirrten: “Frauenarzt Dr. Konstantin Wagner, der Arzt dem die Social Mums vertrauen.” Zum Beispiel. Oder: “Für alle Fälle Konstantin.” Ho, ho. Heidewitzka, es gibt zu viele Arztserien. Und es gibt Konstantin, 30 Jahre, Gynäkologe und seinen Youtube-Kanal “Richtig schwanger”, den ich vor einer Weile entdeckt habe und während meiner Schwangerschaft immer mal wieder gern geguckt habe. Konstantin hat die ganzen blöden Anspielungen nicht verdient. Er ist nämlich wirklich sympathisch. Und seine Sendungen zum Thema Schwangerschaft und Geburt sind wirklich gut gemacht (im Gegensatz zur vielen Grütze auf YouTube). Ich musste ihn einfach anrufen und ausfragen…
Schwangerschaft, Geburt

Wasfürmich: Gleich vor weg, Konstantin – ich finde du und deine You-Tube-Sendungen, ihr seid der Knaller. So lässig, so simpel, so schlau, so ruhig, so gut gemacht. Erzähl doch mal, wie alt bist du? Wo lebst du? Seit wann bist du Frauenarzt? Wo arbeitest du?
Dr. Konstantin Wagner: Danke dir! Ich bin 30 Jahre alt, lebe und arbeite im schönen Kassel und im dritten Jahr meiner Facharzt-Weiterbildung am Krankenhaus.

Wasfürmich: Und wie um alles in der Welt kamst du drauf, Infovideos zum Thema Schwangerschaft und Geburt auf YouTube zu machen?
Ich möchte tatsächlich einfach helfen. Im Freundeskreis, aber vor allem bei der Arbeit merke ich, wie viel Verunsicherung und Ängste in Bezug auf eine Schwangerschaft entstehen können. Frauen versuchen sich dann bei Dr. Google zu informieren, was alles nur noch schlimmer macht. Ich habe im Berufsalltag gemerkt wie viel Sorgen man den Frauen nehmen kann, wenn man die Dinge verständlich und einfach erklärt und wie dankbar sie dafür sind. Dieses ganze angeeignete Wissen wollte ich nicht für mich pachten, sondern versuchen, möglichst vielen Menschen damit zu helfen. Da bietet sich YouTube einfach an. Ich hab mich also einfach mal vor die Kamera gesetzt. Und los erzählt. Quatschen kann ich ganz gut. Und es scheint den Leuten zu gefallen.

Wasfürmich: Und dann hast du einfach mal losgelegt mit dem Sendungen produzieren?
Im Prinzip schon. Meine Frau arbeitet in der Werbung und ist für alle Grafiken verantwortlich. Die bewegten Bilder stammen von mir. Ich fotografiere seit 6 Jahren leidenschaftlich gern, habe daher gutes Grundwissen. In meinem Studium habe ich mir mein Taschengeld mit Videos von Operationen filmen und schneiden verdient. Ich bin also lange kein Profi, aber das Nötigste habe ich mir über die Jahre angeeignet.

Wasfürmich: Wolltest du immer Gynäkologe werden? Warum um alles in der Welt?
Mein Papa ist ebenfalls Gynäkologe und ich bin damit quasi aufgewachsen. Trotzdem wollte ich nie dasselbe machen wie er und habe mich im Studium auch versucht anders zu orientieren. Gott sei Dank ohne Erfolg. Es hat mich doch gepackt und ich bin sehr froh darüber. Denn in keinem anderen Fachbereich stehen sich Leben und Freude, Tod und Trauer  so eng gegenüber wie in der Frauenheilkunde. Auf der einen Station liegen Frauen, die mit Krebs und dem Tod kämpfen und auf der anderen Station entsteht täglich neues, gesundes Leben. Dieses Fach zeigt einem alle Facetten des Lebens und macht mich täglich demütig und dankbar daran teilhaben zu dürfen.

Wasfürmich: Spannend. Wie ist das überhaupt so als Junge, wenn Papa Frauenarzt ist?
Beim Abendbrot wurde der Hackbraten schon mal mit einer warmen Plazenta (Mutterkuchen) verglichen und die liebevoll angerichteten Tagliatelle von Mama mussten als Nabelschnüre herhalten. Wo andere Menschen wahrscheinlich anfangen würde zu würgen, war das für uns der ganz normale Alltag von Papa. Als Kind, aber auch heute noch, musste ich mich vor meinen Kumpels einem schier unerschöpflichen Fragenkatalog stellen. Die Geheimnisse und Intimitäten des anderen Geschlechts scheinen bei Männern von Kindesbeinen an eine Art Faszination hervorzurufen. Meine beste Antwort auf solche Fragen ist heute wie damals übrigens ein verschmitztes, wissendes Lächeln 🙂

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Wasfürmich: Ich finde du siehst kein bisschen aus wie ein Frauenarzt. Reagieren die Leute manchmal verwundert, wenn du sagst was du tust?
Sehr oft! In unserem letzten Urlaub haben wir ein paar Südafrikaner gefragt, was sie denken, was ich beruflich machen könnte. Einer meinte DJ, der andere Ingenieur… Ich hatte schon immer meinen eigenen Stil und das wird mir auch kein Beruf nehmen. In der Klinik trage ich natürlich angemessene Kleidung…

Wasfürmich: Mal ehrlich, kannst du Frauen noch angucken, ohne an Gebärmütter, Blasensprünge und Dammrisse zu denken?
Sonst lautet die Frage immer: Kannst du Frauen überhaupt noch attraktiv finden, nachdem was du so siehst? Tatsächlich hätte ich nie gedacht, wie gut man Beruf und Privates trennen kann. Sobald ich einen Fuß aus der Klinik setze, sehe ich Frauen wie jeder andere Mann auch. Selbst wenn ich Freundinnen oder Bekannte untersucht habe und sie in einem sehr intimen Moment erlebt habe, vergesse ich das anschließend sofort. Hätte ich so nicht für möglich gehalten. Stimmt aber.

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Wasfürmich: Habt ihr schon Kinder deine Frau und du?
Noch nicht. Wir möchten auf jeden Fall mal welche. Auf den perfekten Moment warten wir aber noch.

Wasfürmich: Wird das nicht seltsam werden, wenn man soviel weiß und gesehen hat?
Eine Berufskrankheit. Klar, weiß man viel. Viel zu viel manches Mal. Ich weiß, was alles passieren oder schief gehen kann. Aber ich bin privat und auch bei der Arbeit ein eher entspannter und nicht sehr ängstlicher Zeitgenosse, so dass ich nicht glaube bei jedem Zimperlein auszuflippen. Viele Fragen, ob es für mich überhaupt noch etwas Besonderes ist, wenn ein Kind auf die Welt kommt. Es ist jedes Mal überwältigend! Und die Geburt der eigenen Kinder war für meinen Vater die emotionalsten Augenblicke seines Lebens und ich freue mich schon darauf, wenn ich das einmal meinen Kindern erzählen darf.

Wasfürmich: Was war dein bisher schrecklichstes Erlebnis im Krankenhausalltag?
Puh, wir sehen tatsächlich unvorstellbar niederschmetternde Dinge im Laufe einer Krankenhauskarriere. Meinen schlimmsten Moment behalte ich lieber für mich. Ich versuche mich natürlich davon zu distanzieren, will solche Verläufe aber auch nie vergessen um daraus zu lernen.

Wasfürmich: Und was das schönste?
Ich hatte im Mai das große Glück und die Ehre meine Schwester zu entbinden. Das war ein unglaublich emotionaler Moment, den ich nie vergessen werde.

Wasfürmich: Was machst du in zehn Jahren?
In zehn Jahren liege ich mit meinen Kindern tobend und tollend im Garten, während meine Frau uns zuschaut und sich totlacht. Familie ist für mich alles.

Wasfürmich: Ein Tipp von dir für alle Männer in Kreißsäälen?
Eure Frau leistet unglaubliches im Kreißsaal. Seid für sie da, unterstützt sie, strichelt sie, küsst sie, lasst euch anschreien, verfluchen, kratzen, beißen…seid einfach da!

Konstantin, ich danke dir fürs Interview! Alles Gute!

Liebe Grüße,

Claudi