Manchmal beneide ich sie. Wenn ich abends die Tür zumache, nicht ganz, ein Spalt muss offen bleiben. Und sie drinnen kichern. Wenn sie sich mittags in ihren Betten treffen – nur eine Zweijährigenarmlänge voneinander entfernt – und eine Kissenschlacht machen. Vor allem aber, wenn ich sie nachts plötzlich in einem Bett finde, Gesicht neben Gesicht, ein Berg aus Blondhaar, durcheinandergeworfen wie Mikadospielstäbe. Meine Jungs teilen sich ein Schlafzimmer. Ich nenne es Betten-WG. Ein Plädoyer…
Geschwister, Kinderzimmer teilen
Manchmal wirds echt kitschig: Dann halten sie Händchen im Schlaf. Oder der eine liest dem anderen Bilderbücher vor, zum Beispiel, wenn die Insbettbringerin noch schnell etwas anderes zu tun hat. Bei akutem Kitschalarm flitze ich schnell los um die Kamera zu holen, finde sie meist nicht, renne wieder hoch um die Szene wenigstens mit dem Kopf zu filmen. Eins-A-Erinnerungsschnulze. Aber kaum bin ich oben, ist es meist auch schon wieder vorbei. Und der Kleine hat das Bilderbuch mit lautem Rumms auf den Kopf gekriegt. Und brüllt. Neuerdings auch manchmal andersrum.

Denn logo, Streit gibts hier auch mal. Aber Hallo. Wir sind keine bonbonfarbene, brechreizauslösende Bilderbuchfamilie, falls ihr das jetzt grad – hö hö – gedacht habt. In unser Betten-WG fliegen oft genug die Fetzen. Manchmal auch Dreckwäsche. Oder ganz übel: frisch zerrupftes Taschentuchkonfetti. Nur Geschwister können sich gegenseitig so anstacheln gemeinsam Unsinn zu machen. Bis einer heult. Und nach einmal so richtig Haare ziehen schnell auch der andere. Bloß wenn ich komme und schimpfe, halten sie wieder zusammen. Dann krieg ich plötzlich die Dreckwäsche ab. WG-ler halten halt zusammen.
Geschwister, Kinderzimmer teilen
Ich weiß nicht, ob ich unbedingt wollte, dass meine Kinder zusammen schlafen, weil ich selbst Einzelkind bin und es mir immer anders gewünscht hab. Hatte ich früher Schlafbesuch, hieß das Party bis nach Mitternacht. Haben meine Jungs das jetzt jede Nacht? Finden sie es eigentlich toll – oder werden sie später beim Sonntagsbraten sagen: “Alter Mama, diese Betten-WG, das war Obergrütze. Sagt übrigens auch mein Psychater. Bei dem ich deswegen in Therapie bin. Wegen langjährigem Einzelzimmerschlafentzug!!!”

Ich glaube es nicht. Ich glaube, die durchflüsterten Nächte, die Kissenschlachten und das Haar-Mikado wird später zu ihren schönsten Kindheitserinnerungen gehören. Den Mittleren wird ohnehin nichts umhauen. So wie der Nacht für Nacht neben seinem lautstark schnarchenden Bruder schläft, kann der später ohne mit der Wimper zu zucken ein Apartment über der New Yorker U-Bahn buchen.

Warum die Betten-WG bei uns so gut klappt – von gelegentlichem lautstarken, unglaublich anstrengendem Im-Doppelpack-Aufgedrehtsein am Abend mal abgesehen? Ich weiß es nicht. Ich würde auf jeden Fall raten, wer es vorhat, sollte es so früh wie möglich tun. Erstmal jeder ein Zimmer für sich und dann zurückrudern, finde ich keine gute Idee. Jeder braucht außerdem ein paar ganz eigene Dinge um sich. Bei uns ist das ein kleiner Stuhl zum Sachen ablegen, eine Seite vom Nachttisch für die Gute-Nacht-Geschichte. Manchmal noch das Stück Wand über dem Bett, fürs aktuelle Lieblingsbild. Zur Zeit sind beide Jungs mit meinen Funkel-Füchsen an der Wand glücklich.

Noch was: bei uns wird jedes Spielzeug geteilt – außer die Bettkuscheltiere. Von gelegentlichem, inständig gewünschtem Kuschelfuchs-Tausch beider Parteien abgesehen. Und sonst noch? Ich finde es gibt leider wenig gut Geschriebenes zu diesem Thema. Eine gute Zusammenfassung habe ich bei Immowelt gefunden. Besonders interessant finde ich die Tabelle, in der aufgezeigt wird, was für Kinder je nach Alter wichtig ist. Außerdem gibt´s ein Experteninterview mit Psychologin Barbara Gmöhling und ein paar Einrichtungstipps.

Gefragt haben wir unsere Jungs übrigens nie, ob sie ein gemeinsames Schlafzimmer wollen. Es war einfach so, als der Umzug des Mittleren aus dem Baby-Bay und unser Umzug ins neue Haus anstand. “Das wird spitze!”, haben wir manchmal gesagt. Oft aber auch nichts – so als ob es das Normalste der Welt ist. Ist es für uns auch. Inzwischen bemerkt der Große immer öfter, dass niemand seiner Freunde mit seinen Geschwistern zusammen schläft. Er stellt es mit Verwunderung fest. Und wenn seine Spielfreunde nachmittags manchmal verlangen: “Dein kleiner Bruder darf aber nicht mitspielen!”, sagt er ebenso verwundert: “Doch, darf er wohl.” Und schon gibts neuen Stoff zum Nächteverflüstern.

Der Kleinste wird bei uns Ende des Jahres auf jeden Fall auch mit in die Betten-WG ziehen. Ich bin gespannt. Die Jungs freuen sich schon drauf. Und ich träume manchmal davon – psst – noch ein halbes Dutzend Kinder zu kriegen und sie alle in kleinen weißen Metallbetten hintereinander unter der Dachschräge schlafen zu lassen. Hach ja… Ne quatsch. Kleiner Scherz. Das gibt hundertpro Warzen wie bei Nanny McPhee.

Und wie und wo schlafen eure Kinder?

Alles Liebe,

Claudi