Eine Freundin, ein Einzelkind und eine Einzelkind-Mama, fragt mich manchmal: “Und, nun sag schon, hast du nicht ein Kind lieber als die anderen?” Sie will mir einfach nicht glauben, wenn ich jedes Mal sage: “Nein, wirklich nicht.” Bis ich ihr neulich von meinem Frühstücksvergleich erzählt habe…
Lieblingskind, ein Kind mehr lieben,
Ich frühstücke am liebsten Müsli. Nein, stop, Pfannkuchen mit Nutella. Ach nö, Moment: Käsebrötchen. Ich mag alle gleich gern. Wirklich. Ich könnte nie sagen, was mein Lieblingsfrühstück ist. Nicht jeden Tag habe ich auf jedes gleich viel Appetit, aber wenn ich so überlege, esse ich in einer Woche meistens jedes beinahe gleich oft. Vielleicht das eine mal drei Mal hintereinander, dann wieder das andere. Und danach das Dritte. In der nächsten Woche dann genau andersherum.

Ich hatte früher eine Freundin, die hatte eine kleine Schwester. Selbst ich, ein kleines Mädchen und nur ab und an  zu Besuch, habe deutlich gespürt, dass die Eltern diese kleine Schwester eindeutig freundlicher behandelten. Und ich konnte es kaum ertragen. Ein Kind lieber zu haben als das oder die anderen, war also tatsächlich eine Sorge, die ich während der Schwangerschaft mit meinem zweiten Sohn hatte. Aber dann kam er raus und ich hatte ihn lieb. Genauso lieb wie meinen ersten und doch anders lieb. Jeden für sich lieb. Heute, drei Söhne später, kann ich sagen, es fühlt sich an, als ob für jedes Kind eine neue Herzkammer wächst. Alle drei Kammern pumpen in einem eigenen Kreislauf. Aber alle drei pumpen wie verrückt.

Zurück zum Frühstück: Ich gebe zu, mal liegt mir Pfannkuchen schwer im Magen. Mal ist mir vielleicht der Käse grummelig – äh, ich meine gammelig. Oder die getrockneten Früchte im Müsli sind zäh. Ein paar Tage lang kann es dann schon mal sein, dass ich mich einem Kind näher fühle. Dass es einfach runder läuft mit ihm und mir. Dass es schlicht gerade einfacher ist. Aber mit dem Partner – den ich ebenfalls über alles liebe – ist es ja auch nicht immer einfach.

Vor kurzem gab es da so eine Situation, da habe ich gemerkt, wie verzwickt die Sache ist, auch wenn sie eigentlich so einfach ist. Wenn man jedes Kind gleich lieb hat und ihnen das auch immer wieder sagt. Aber auch Kinder denken wohl immer wieder wie meine Freundin: Ach komm, einen muss sie doch am liebsten haben. Und führen deshalb einen heimlichen Liebeswettstreit. Immer auf der Jagd nach Sympathiepunkten.

Die Situation war Folgende: Ich half gerade einem meiner Söhne beim Ausziehen und irgendwie, ich kann mich gar nicht mehr genau erinnern, machte er einen lustigen Spruch, einen wirklich guten. Auf jeden Fall mussten wir beide herzlich miteinander lachen. Eine ganze Weile lang, auch als er sich weiter anzog, schauten wir uns immer wieder an und lachten los. Einer der beiden anderen Söhne kam dazu, fragte was los sei, aber wir konnten es nicht wirklich erzählen, weil es einer dieser Witze war, die man nicht wiedergeben kann. Wir fingen bloß wieder herzlich an zu lachen. Mein anderer Sohn warf sich aufs Bett und war ernsthaft traurig. “Mit mir hast du noch nie so gelacht”, beschwerte er sich. “Ich will, dass du bei mir auch so lachst.” Ich habe mich zu ihm gesetzt, ihn gestreichelt und ihm versucht zu erklären, dass man Lachanfälle nicht planen kann. (Genauso wie andere innige Momente). Man kann sie auch nicht gerecht unter Geschwister aufteilen, wie eine Tafel Schokolade.

Keine Woche später erlebte ich mit diesem eben noch so traurigen Sohn eine ganz besonders lustige Situtaion und wir lachten und lachten gemeinsam und lachen noch heute, wenn einer von uns beiden uns daran erinnert.  Ich habe mit meinem Sohn dann einen schönen Vergleich gefunden: Lachanfälle und andere schöne, gemeinsame Momente sind wie kleine Schätze. Wir haben uns vorgestellt, dass es schön wäre, auch diese Momente zu sammeln, genau wie die echten Schätze, all die Muscheln, Steine und Spielzeugeifiguren, die meine Söhne in ihren Schatzkisten unter dem Bett sammeln. Mal findet der eine drei Schätze auf einmal, dann wieder der andere. Meine Aufgabe ist es, Möglichkeiten und Situationen zu schaffen, in denen  wir gemeinsam Schätze finden können. Ausflüge, gemeinsame Vorlesenachmittage – oder auch mal Zeit mit nur einem von ihnen.

Und meiner Freundin habe ich noch Folgendes erklärt: Dass ich es nämlich am allermeisten liebe, wenn ich alles auf einmal habe. So ist es Samstags und Sonntags und in den Ferien beim Frühstück bei uns: erst ein Brötchen, dazu eine Schale Müsli und danach noch Nutella-Pfannkuchen. Knusprig und süß und herzhaft. Fühlt sich warm an im Bauch. Macht satt. Und glücklich.

Brisantes Thema, ich weiß. Ich habe eine Weile überlegt, ob ich darüber hier überhaupt schreiben sollte. Vielleicht möchtest du auch etwas dazu sagen? Ich freue mich immer sehr über eure Kommentare.

Claudi